ARCHÄOLOGISCHER SCHWINDEL AM SCHNIDEJOCH IM BERNER OBERLAND

Am Wildhorn oberhalb der Lenk, auf 2750 m Höhe, behaupten die Archäologen sensationelle Bodenfunde

von Christoph Pfister


Neues über den Schnidejoch-Schwindel

Wenn der Zirkus einmal gestartet ist, läßt er sich nicht mehr aufhalten. Anders kann man sich nicht erklären, daß der archäologische Schwindel am Wildhorn im Berner Oberland weiter gepflegt wird. Diesen Sommer konnten die Archäologen sogar Lawinen-Spürhunde aus Mailand (!) zu dem Ort auf 2700 m Höhe bringen. Natürlich sollten die Tiere einen menschlichen Hering, genannt Ötztal-Mensch, aufspüren.

Die absichtlich ausgestreuten "Funde" am Schnidejoch (Pfeilbogen, Lederschuhe, usw.) wurden unterdessen zu "europäischer Bedeutung" hochstilisiert. - Nächstes Jahr werden sie dann vielleicht sogar zu einem UNESCO-Weltkultur-Erbe erklärt!

Der Bund berichtete am 13. September über diese dämliche Übung mit einer ganzen Seite. Dabei fiel auf, wie der zuständige Redaktor Walter Däppen treulich alles abschrieb, was ihm die Archäologen erzählen. Also keine Andeutung von Zweifel, Einwand oder Distanz.

Nach wie vor können Archäologen einer unterwürfigen Presse und einem desinteressierten Publikum jeden Blödsinn als Wahrheit und als Sensation verkaufen.

Der Kanton Bern, der dieses unsinnige und teure Schwindel-Unternehmen finanziert, hätte weiß Gott anderes zu tun, als weiter solchen wissenschaftlichen Unfug zu dulden und zu fördern.

Und das Publikum ist aufgefordert, endlich einmal kritische Fragen zu stellen, wenn die Archäologen eine neue angebliche Sensation herausposaunen.


Vergleiche auch:

Archäologischer Hokuspokus am Schnidejoch BE


Startseite von www.dillum.ch: inhalt.html

Zeitungsausriß über die "sensationellen" archäologischen Entdeckungen in einer hochalpinen Lage des Berner Oberlandes

Mitte November 2005


Sensationslüsterne Archäologen

Alle Kantone leisten sich sündhaft teure archäologische Dienste. Die Archäologie ist demzufolge ein maßlos aufgeblähter Zweig der historischen Wissenschaft. Es gibt viel mehr Archäologen, Vorgeschichtsforscher, Kunsthistoriker als Historiker.

Die Archäologie will vorgeschichtliche Spuren im Boden und in der Landschaft erkunden und sichern. - Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Aber das Material, das heute vorliegt, ist schon gewaltig. Es ginge wissenschaftlich mehr darum, diese Funde und Erkenntnisse richtig zu beurteilen, etwa mit Hilfe der Chronologiekritik.

Die offizielle Archäologie als staatliche Einrichtung jedoch hat wie jede andere Beamtenschaft zwei Gründe, um sich hervorzutun.

Erstens müssen die Archäologen dem Publikum beweisen, daß sie etwas tun und deshalb das viele öffentliche Geld und die fürstlichen Gehälter wert sind.

Dann müssen diese staatlichen Vorgeschichtsforscher der Öffentlichkeit vormachen, daß ihre Tätigkeit wichtig sei und jede größere Entdeckung eine Revolution der Kenntnisse über die älteren Zeiten unserer Kultur darstelle.

Aus diesen Motiven entwickeln die archäologischen Dienste eine Hektik und einen Publizitätsdrang, der jedoch leicht zu durchschauen ist. Ein kritischer Beobachter kann sogar ungefähr die Intervalle bestimmen, innerhalb derer die Archäologen neue Sensationen hinausposaunen werden.

Die archäologischen "Entdeckungen" am Schnidejoch, einem nordöstlichen Vorgebirge des Wildhorns im Berner Oberland passen vollkommen in das seit langem bekannte Schema hinein. Aber die Dreistigkeit der behaupteten Funde schlägt diesmal alle bisher bekannten Maßstäbe.

Pfeilköcher, Lederhosen und Pfeilspitzen

Im Sommer 2003 hätte ein Ehepaar auf einer Wanderung im Wildhornmassiv Reste eines Gegenstandes gefunden und diese dem Archäologischen Dienst des Kantons Bern übergeben. Die wissenschaftliche Behörde hätte die Birken- und Lederreste durch Radiokarbon-Analyse datieren lassen. Die Artefakte hätten ein Alter von 5000 Jahren (vor heute) ergeben.

Nach diesem Fund hätte der archäologische Dienst in den folgenden zwei Sommern die Fundgegend professionell abgesucht und dabei Gegenstände aus allen Epochen zwischen "Jungsteinzeit", "Bronzezeit" und "Römerzeit" entdeckt.

Der erste Fund von 2003 habe sich als vorgeschichtlicher Pfeilköcher erwiesen. Die richtige Bestimmung des Gegenstandes sei durch viele im Umkreis aufgefundene steinerne Pfeilspitzen gesichert.

Bei ihren Untersuchungen im hochalpinen Gelände hätten die Archäologen als besondere Stücke dann Reste einer Lederhose (!) aus der Bronzezeit (durch C-14-Datierung gesichert!) gefunden. Und Teile eines "neolithischen" Schuhs, samt Ösen und Bändeln habe man entdeckt.

Als weiteres Highlight kam eine vergoldete Gewandnadel in dem Geröll zum Vorschein.

Und abgerundet wurde die Fundserie durch das Auffinden von "römischen" Nägeln.

(Bei dieser Gelegenheit sei die Frage gestellt: Wie unterscheidet man "römische" von "mittelalterlichen" oder neuzeitlichen Schuhnägeln?)

Diese sich angeblich Jahrtausende abdeckenden Artefakte beweisen nach den Archäologen, daß hier über lange Zeit ein reger Verkehr zwischen Nord und Süd stattfand. Und die Funde seien deswegen erhalten, weil das Eis sie konserviert und erst durch die allgemeine Erwärmung der letzten Jahrzehnte freigegeben habe.

Vom Ötztal ins Berner Oberland

Das Strickmuster hinter diesen angeblichen archäologischen Entdeckungen ist klar von der Ötztal-Sensation abgekupfert. Bekanntlich hätte man 1991 auf einem Gletscher in den Tiroler Alpen, auf über 2500 Meter Höhe, 1990 die Leiche eines vorgeschichtlichen Jägers in voller Montur - also mit Lederkleidung, Pfeilköcher und Pfeilspitzen - gefunden. Und die Radiokarbonanalyse habe einwandfrei ergeben, daß jene Gletscherleiche vor 5000 Jahren, zwischen Jungsteinzeit und Bronzezeit, sich in jener hochalpinen Region verirrt habe und dort zu Tode gekommen sei.

Die Ötztal-Geschichte stellt ein besonders übles, aber neues Kapitel in der Reihe archäologischer Fälschungen dar. Erstmals wurde eine Leiche zum Beweisstück für eine vorgeschichtliche Kultur hoch stilisiert. Und erstmals auch wurde als Fundort eine hochalpine Region gewählt.

Der Ötztal-Fund ist eine widerliche archäologische Posse. Die dehydratierte Leiche - eine Art "menschlicher Hering" ist wohl echt. In alten Salzbergwerken in Oberösterreich hat man solche konservierte Tote gefunden.

Aber der Befund ist so zu erklären: Die Leiche wurde mit Helikopter zu jenem gletscherbedeckten Joch geflogen, dort abgelegt und kurze Zeit später "zufällig" von einem Wanderer "entdeckt".

Es bereitete keine Mühe, den Leichnam mit prähistorischen Gegenständen auszustaffieren. Die Depots der archäologischen Landesanstalten überquellen von echten und gefälschten Artefakten.

Die Ötztal-Leiche - von der Presse bald verniedlichend "Ötzi" genannt - entwickelte sich zum Publikumsmagnet für Nord- und Südtirol und zu einem Starargument für die Prähistoriker. Jetzt konnte man angeblich beweisen, daß die hochalpinen Gegenden schon in der "Steinzeit" und "Bronzezeit" begangen wurden. - Und gleichzeitig ermunterte man die offizielle Archäologie, für ihre sensationellen Entdeckungen vermehrt auch das Hochgebirge einzubeziehen.

Einwände und Widerlegungen

Die angeblich sensationellen Funde aus der Gegend des Wildhorns im Berner Oberland sind ein besonders ärgerliches neues Kapitel in der immer länger werdenden Reihe archäologischer Fälschungen.

Dabei ist dieses hochalpine Fake im Grunde leicht zu widerlegen. Ein paar Erkenntnisse aus Medizin und Physik, einige Argumente aus der Chronologiekritik - und last but not least eine Betrachtung der Psychologie der Archäologen - reicht aus, um diese Sensation zu widerlegen.

Nur die wichtigsten Einwände seien hier angeführt.

Wir können vergangene Ereignisse, Zeitalter und Artefakte nicht datieren. Unterhalb eines einigermaßen sicheren Zeitrahmens von vielleicht dreihundert Jahren hört jede sichere Datierung auf. Da können wir nur noch schätzen. Und die Zeitstellungen für die Vorzeit ("vor einer Million Jahren", "vor 5000 Jahren") sind maßlos übertrieben und absurd.

Im Besonderen stellen die sogenannten Radiokarbon-Datierungen, die C 14-Methode einen riesenhaften Unfug dar: Man kann Gegenstände und Materialien wohl technologisch analysieren. Aber daraus ein Herstellungs- oder Entstehungszeit errechnen zu wollen, ist reiner Hokuspokus.

Die Berner Archäologen behaupten frech, die organischen Gegenstände wie die Lederhose oder der Pfeilköcher seien durch die Gletscher konserviert und dann freigegeben worden.

Aber Eis konserviert auf lange Zeit nicht. In einem Gletscher wirken gewaltige Zerr- und Scherkräfte. Diese zerdrücken und zerreißen in längerer Zeit unweigerlich jeden Gegenstand aus Holz oder Leder.

Zudem bleiben solche Gegenstände über längere Zeit nicht tiefgefroren. Gletscher gefrieren und tauen auf. Der Verrottungsvorgang wird durch Eis und Firn nicht wesentlich verlangsamt.

Die Archäologen behaupten, das Schnidejoch sei in vorgeschichtlicher Zeit die kürzeste Verbindung zwischen Nord und Süden gewesen.

Eine solche unsinnige Behauptung wird schon durch die Betrachtung der Geographie widerlegt: Das Joch ist mitnichten ein Paßübergang. - Der nächste Paß östlich des Wildhorns ist der Rawil, westlich des Berges der Sanetsch. Wenn schon vorgeschichtliche Menschen eine Alpenquerung in dieser Region unternommen hätten, dann sicherlich über diese niedriger und sommers schneefreien Übergänge.

Weshalb haben die Archäologen dieses Fake ausgerechnet in einer weglosen Schnee- und Eisregion, auf über 2700 Metern angesiedelt?

Sicher hat hier das Beispiel des Ötztals Schule gemacht: Wenn die Tiroler prähistorische Funde auf einem Gletscher deponieren, so soll uns das billig sein.

Dann wird der Mythos von dem Klimaoptimum in der Jungstein- und Bronzezeit ins Spiel gebracht. - Es mag stimmen, daß es in vorgeschichtlicher Zeit wärmere Epochen gegeben hat. Aber wann war das? - Und in der Wärmezeit wären die gefundenen Gegenstände längstens verrottet, Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende bevor der angeblich konservierende Gletscher die Artefakte hätte konservieren können.

Die Funde vom Schnidejoch sind ein stümperhafter Versuch der Berner Kantonsarchäologie, sich wichtig zu machen.

Blick auf das Schnidejoch (rechts) und das Wildhorn (oben)

Quelle:

http://www.beo-news.ch/BNS2005/Nov2005/eiszeit11.htm


LESERBRIEF

Als Antwort auf die Publikation dieser zweifelhaften archäologischen Entdeckungen in der Presse habe ich für die BERNER ZEITUNG einen Leserbrief geschrieben, der am 17. November 2005 wie folgt wiedergegeben wurde:

Glauben macht selig

BZ, Ausgabe vom 12. November «Sensationelle Funde am Schnidejoch»

Alle paar Jahre muß die Berner Archäologie wieder irgendeine Sensation herausposaunen. Da ist sie: Im Berner Oberland, in der Gegend des Wildhorns, haben Wanderer vor zwei Jahren «zufällig» lederne Gegenstände entdeckt und dem archäologischen Dienst gemeldet. Dieser reagierte prompt und suchte das Terrain zwei Jahre ab. Eine Menge alter Gegenstände sei zum Vorschein gekommen. Und wie es sich gehört, wird alles datiert und in eine vorgeschichtliche Epoche versetzt. 

Also wissen wir heute: «Schon vor 5000 Jahren», in der «Frühsteinzeit», gab es Menschen, die in Lederhosen über die höchsten Alpenpässe stiegen. Und auch «die alten Römer vor 2000 Jahren", überquerten mit Nagelschuhen die Alpen. ‑ Wer das nicht glaubt, bezahlt einen Taler.

Seit dem ‑arrangierten? ‑ Fund im Tiroler Ötztal weiß der kritische Betrachter Bescheid. Die offizielle Archäologie muß auf Teufel komm raus mit den größten Sensationen aufwarten. Damit will sie beweisen, wie wichtig ihre Arbeit ist. Und so soll ein Bild der Vorgeschichte gestützt werden, das hinten und vorne nicht stimmt: Sowohl «Steinzeit» wie «Bronzezeit» und auch die «alten Römer» sind diskutable Epochenbegriffe. Vor allem sind die genauen Zeitstellungen reiner Unsinn. Es ist unmöglich, weiter als ein paar Jahrhunderte zu datieren. Und die hochgelobten Radiokarbon‑Datierungen funktionieren nur, wenn und solange jemand daran glaubt.