Wann war das Erdbeben von Basel?

Werner Meyer: Da verfiele Basel überall.
Das Basler Erdbeben von 1356 (2005)

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Das Buch ist ein einziges Ärgernis!

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Zur Rokoko-Zinnkanne "aus der 1. Hälfte des 14. Jhs."

Zu der in diesem Artikel erwähnten Rokoko-Zinnkanne bekam der Autor die Zuschrift eines Wissenschafters. Dieser rechtfertigte die absurde Datierung dieses Fundes wie folgt:

Die Kaffee-Kanne stamme tatsächlich "aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts". Dies deshalb, weil eine ähnliche Kanne in England in einer Schicht "aus dem 14. Jahrhundert" gefunden wurde!

Ich bin sprachlos: Nicht das Aussehen und der Stil bestimmt also einen Fund, sondern die Erdschicht, in welcher das Objekt gefunden wurde!

Aber wie datiert man Erdschichten (auf ein Jahrhundert genau wohlgemerkt!)?

Die offizielle Wissenschaft verabschiedet sich damit endgültig in Richtung Märchenland.

Datierungen muß man glauben, so wie das orthodoxe Glaubensbekenntnis der Kirche.

Wenn trotzdem ein unlösbarer Widerspruch auftaucht (Rokoko im "Mittelalter"), so ist der zu übergehen: Den Datierungen der Wissenschafter ist unbedingt Glauben zu schenken!

Zum Thema Erdbeben von Basel heißt das konkret: Man muß an die Jahrzahl 1356 glauben, nicht an ein Erdbeben!

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Abgedroschenes über das Erdbeben von Basel "1356"

In der Neuen Zürcher Zeitung vom 7./8. Oktober 2006 ist ein von einem Markus Hofmann signierter Artikel erschienen, der den angeblich 650. Jahrestag des Baseler Erdbebens gewidmet ist. Betitelt ist der Beitrag mit Allein gegen die Gewalt der Natur hat nichts festen Bestand.

Wenn man die abgedroschene Titel-Weisheit verdaut hat: Was soll man von dem Zeitungs-Artikel halten?

Ich sehe Folgendes:

Wenn es um die ältere (unsichere und erfundene) Geschichte geht, dann ist jede Zeitung gleich dumm. Die Gazetten drucken einfach alles ab, ohne es kritisch zu hinterfragen.

Die Schreiber selber sind gläubige Historiker: Alles ist wahr und hat sich so zugetragen. Und je weiter zurück eine Sache liegt, desto unwidersprochener wird sie.

Also hat es tatsächlich "am 18. Oktober 1356" ein Erdbeben gegeben, das ganz Basel und Umgebung zerstörte, - Zweifel an der Chronologie darf es nicht geben.

Und so verheerend das Beben war und so weit es zurückliegt: Was die Historiker darüber erzählen, ist schlicht staunenswert. Einige Beispiele:

Werner I. der Bruder des amtierenden Baseler Bürgermeisters Konrad von Bärenfels, wird von einer herabstürzenden Zinne getroffen und stirbt. - R.I.P.!

Noch in Solothurn stürzen die Türme der St.Ursen-Kathedrale zusammen. - Aber die Türme stehen heute noch? Oder sind es andere gewesen?

Aber lassen wir die haarsträubenden und tränenseligen Details. - Die ganze Geschichte ist derart windig, daß es sich nicht lohnt, weiter davon zu erzählen.

Man muß übrigens den Artikel gar nicht lesen. Schon die Illustration des Beitrages widerlegt die absurde Chronologie:

Das Erdbeben sei "1356" gewesen. - Aber die erste Abbildung, ein Holzschnitt aus der Chronik Wurstisen, wird mit "1580" datiert. - Auch letzteres Datum ist selbstverständlich noch fast zweihundert Jahre zu früh.

Könnte ein Historiker nicht vielleicht einmal überlegen, wie es möglich sei, von einem Ereignis zu berichten, das 220 Jahre zurücklag? - Wurden die Quellen wohl erdbebensicher auf CD oder DVD aufbewahrt?


Vorläufiges zu einem historischen Buch

Als 184. Neujahrsblatt der GGG (Gesellschaft für das Gute und Gemeinnützige Basel) ist von Werner Meyer ein Buch über das Erdbeben von Basel "1356" erschienen.

Der Rezensent hat erst den Prospekt in der Hand. Aber trotzdem ist es möglich, schon heute etwas über das Werk zu sagen.

Schon der Titel, der Cover und die Anpreisung in dem Prospekt sagen eine Menge aus:

Da verfiele Basel überall: Das scheint ein Zitat aus einer Chronik zu sein. Wann wurde diese geschrieben, wie ist sie überliefert? - Quellenkritik wird es in dem Buch wohl kaum geben. - Aber seit Jahrzehnten beobachtet man die Tendenz, der älteren Historie mehr Authentizität zu verleihen, indem man das verquere Deutsch der alten Chroniken schon im Titel zitiert.

Das Basler Erdbeben von 1356: Dieses Faktum und Datum steht wie ein Betonklotz in den Geschichtsbüchern über die ältere Zeit. Niemand hat bisher gewagt, an dem Ereignis zu zweifeln. - Und vor allem wagt niemand, an den pseudogenauen Jahrzahlen, an der scheinbar felsenfesten Chronologie der Vorzeit ("18. Oktober 1356") zu rütteln.

Die zwei Abbildungen auf dem Cover:

Links wird ein historisches Gemälde von Ernst Stückelberg aus dem 19. Jahrhundert reproduziert. - Rechts findet sich eine Ansicht der Ruine Pfeffingen.  

Die Burg kann nach den Erkenntnissen der Geschichts- und Chronologiekritik nur aus dem 18. Jahrhundert stammen. Wie aber soll ein Bauwerk aus jener Zeit ein weit zurückliegendes Ereignis belegen?

Und es ist wohl erst der Historismus des 19. Jahrhundert, der das Bild von einem Erdbeben im "mittelalterlichen" Basel "1356" verfestigt und verklärt hat.

Der Waschzettel des Buches sagt, daß das Werk schriftliche, archäologische, bauanalytische und geologische Befunde analysiere und zu einem Gesamtbild vereine.

Das ist verdienstvoll. Aber wenn man die Nachrichten und Fakten studiert, beginnen schon die Einwände, wächst Kritik und zuletzt Verärgerung.

Auf ein Detail geht schon die Anpreisung ein: Das Erdbeben von Basel soll große Schäden an Gebäuden angerichtet, aber merkwürdigerweise nur wenige Opfer gefordert haben. Und die Folgen wurden rasch behoben.

Weshalb also haben die Chronisten ein solches Ereignis aus altersgrauer Ferne vermeldet und mit einer genauen Jahrzahl versehen?

Hat es ein solches Erdbeben überhaupt gegeben? Oder ist die ganze Geschichte nur als Vorwand für die Neuerrichtung der Stadt Basel ausgedacht worden? - Man hat den Eindruck, als ob die Chronisten das Erdbeben als willkommenen Vorwand gebrauchten, um die Zerstörung von Burgen und den Neubau einer Stadt zu erklären.

Das Datum "1356" für jenes Ereignis ist absurd. Aber ein Erdbeben scheint es in jener Region tatsächlich gegeben zu haben, Die zehn Kilometer östlich von Basel gelegene "römische" Stadt Augusta Raurica wurde nach archäologischen Erkenntnissen durch ein Erdbeben zerstört. Das beweisen in gleicher Richtung umgeworfene Mauerzüge und Säulen. 

Am Ende der "Römerzeit" erschütterte also ein Erdbeben die Gegend am Rheinknie. Und läßt man die erfundene Chronologie der Vorzeit beiseite, so kann man folgenden Zusammenhang herstellen:

Irgendwann im frühen 18. Jahrhundert wurde die römische Baukultur am südlichen Oberrhein zerstört. Daraufhin entstand die "mittelalterliche" Stadt Basel.

Die Chroniken verschleiern also einen inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang: Ein Erdbeben hat nicht das heutige Basel, sondern Ur-Basel, "Augusta Raurica" zerstört.

Das neue Werk von Werner Meyer von 2005 aber scheint ganz in der konventionellen Geschichtsauffassung stecken geblieben zu sein: "1356" ist das "mittelalterliche" Basel durch ein Erdbeben zerstört worden. - Zweifel an der Chronologie und dem herkömmlichen Geschichtsbild gibt es nicht.

Einzelheiten aus dem Buch

Die Durchsicht des Buchs bestätigte dem Rezensenten alle bereits zum Voraus geäußerten Mutmaßungen aufs Schlimmste.

Meyers Monographie enthält einige interessante Hinweise, aber das Ganze ist ein einziges Ärgernis.

Zuerst wird in dem Buch bald deutlich, daß weder die Geschichte noch die Geologie ein Erdbeben von Basel in einem sagenhaften Jahr "1356" beweisen können.

Aber das Dogma von einer fixen Chronologie und einer älteren Geschichte lassen keine Zweifel zu. Also wird mit Hypothesen und Annahmen gearbeitet. Und willkürlich werden Ereignisse, Bauten und Bodenfunde diesem erfundenen Ereignis zugeordnet.

Schon die Sprache beweist den Murks der Sache:

Die direkte Information über das Erdbeben von Basel 1356 läßt sich nur schwer naturwissenschaftlich deuten. (207)

So beginnt der Geologe Hans Peter Laubscher seinen geologischen Anhang zu dem Buch von W. Meyer. - Im Klartext heißt dies: Die Erdwissenschaft kann kein Erdbeben vor 650 Jahren im Raume Basel belegen.

Also wird weitläufig geschwafelt über Plattentektonik, Plattengrenzen, regionale Blockstruktur und die Rhein-Rhone-Narbenzone - alles mit der unsinnigen offiziellen geologischen Chronologie von Millionen von Jahren.

Meyer ringt mit den selben Erkenntnisproblemen:

Mit einer historischen Arbeit über das Basler Erdbeben von 1356 kann heute kaum mehr wissenschaftliches Neuland betreten werden, ... (17)

Man muß dem Autor widersprechen: Ein Erdbeben in der Region Basel am Ende der Vorgeschichte wäre ein interessantes Thema. Aber dazu müßte man das konventionelle Geschichtsbild und die unsinnige offizielle historische Chronologie über Bord werfen. - Aber was nicht sein kann, darf auch nicht geschehen. - Also bleibt die Betrachtung in den alten Schemen stecken.

Meyer schildert seine Beweggründe für das Werk: Am humanistischen Gymnasium hätten ihm die Lehrer in den schönsten historischen Farben von dem Erdbeben von Basel "1356" erzählt und zum Weiterforschen animiert.

Eben die klassische Bildung, vermittelt durch die eindimensionalen gymnasialen und universitären Denkanstalten ist es, welche eine Neubetrachtung der Geschichte und Vorgeschichte versperrt.

Alles bleibt beim Alten: Ein Erdbeben von Basel hat es gegeben - und  genau vor 650 Jahren. Deshalb auch das Erscheinen des neuen Buches.

Das pseudohistorische Bild, das in dem Buch von Meyer geboten wird, ist so absurd, daß man es kaum fassen kann.

Danach hat es "um die Mitte des 14. Jahrhunderts" bereits ein altes Basel gegeben, so wie wir es heute kennen, also mit Stadtmauern, Wehrtürmen, einem romanischen Münster und gotischen Bürgerhäusern. Und selbstverständlich hieß der Ort bereits Basel. - Schließlich gebe es darüber auch Urkunden.

Diplome (Urkunden) sind des Mittelalter-Historikers liebstes Kind. So wird sogar eine Farb-Grafik der Basler Urkunden-Produktion "zwischen 1355 und 1361" wiedergegeben. Dort sieht man, wie "nach dem 18.10.1356" die Anzahl jener Dokumente kurzfristig absackte.

Aber die gläubigen Forscher wollen nicht wahrhaben, daß alle Urkunden erst in der Zeit nach etwa 1770 AD geschrieben wurden und nichts Wahres über die Vorzeit enthalten.

Auch alte Chroniken erzählen von dem Erdbeben von Basel. - Aber diese Erzählungen sind ungenau. Und wenn sogar die wertlose Klingenberger Chronik als Quelle herhalten muß, wird das Bild sehr verschwommen. Der wichtigste Bericht über das Erdbeben von 1356 stammt aus der Basler Chronik von Christian Wurstisen, angeblich "1580" verfaßt. - Was weiß ein Historiograph nach über zwei Jahrhunderten über eine lokale Naturkatastrophe?

Selbstverständlich blenden alle orthodoxen Historiker die unangenehme Tatsache aus, daß die ältesten Chroniken das letzte Drittel des 18. Jahrhunderts nicht unterschreiten und über die Vorgeschichte nichts Plausibles erzählen.

Damit kommt Meyer zur Baugeschichte und den Bodenfunden. - Wenn die schriftliche Überlieferung zu wenig hergibt, so sollten doch Bodenfunde und Untersuchungen an Mauerwerk jenes angebliche Erdbeben von Basel belegen.

Da kann der Autor als Burgenspezialist seine genauen Kenntnisse der Wehranlagen im Raume Basel und in der Schweiz ausspielen. So gibt es einen fünfseitigen Anhang, der 69 Burgen aufführt, welche sicher oder vermutlich durch das Erdbeben von 1356 zerstört worden seien.

Es gibt tatsächlich Burgruinen im Gebiet von Basel, die Mauerrisse von Erdbeben aufweisen, zum Beispiel Schalberg, Reichenstein, Birseck und Mittel-Wartenberg.

Auffällig ist auch eine abgestürzte Fels-Ecke bei den gallorömischen Tempelanlagen auf der Schauenburgfluh.

Aber wer sagt, daß diese Risse und Abbrüche von einem Ereignis herrühren, das vor angeblich 650 Jahren stattfand?

Mit der abgestürzten Ecke des gallorömischen Tempels auf der Schauenburgfluh wird auch die konventionelle Chronologie obsolet: Die Tempelruinen sollen über 1000 Jahre nach ihrer Errichtung unbeschadet überstanden haben, bevor der liebe Gott eine Heimsuchung in Form eines Erdbebens schickte!

Die Burgruine Pfeffingen - die auf dem Cover des Buches abgebildet ist - weist ebenfalls eine Bresche im Mauerwerk auf. - Doch hier wird zugegeben, daß dieser Schaden durch ein Erdbeben um 1880 verursacht wurde.

Vollends ärgerlich wird die Interpretation der Baubefunde in der Altstadt von Basel. Hier muß man wiederholt fragen, ob die Historiker und Kunsthistoriker denn überhaupt ein Fünkchen Verstand besitzen. - Der Schwachsinn, der hier ausgebreitet wird, ist haarsträubend.

Es gab demnach schon "im 11. Jahrhundert" in Basel Bürgerhäuser, von denen sich Bausubstanz erhalten hat. - Und "Mitte des 14. Jahrhunderts" sah die Altstadt offenbar schon so aus, wie die Basler Denkmalpflege sie heute zurecht rückt: also steinerne Häuser in gotischem Stil, mit der gleichen Gassenstruktur wie heute. - In 650 Jahren hat sich offenbar nichts verändert.

Soll man sich empören, daß zum Beispiel in einer Farbabbildung das Haus Nadelberg 6 gezeigt (siehe Abbildung) und dabei behauptet wird, dieses stamme aus der Zeit "um 1270" und sei nie weder durch Feuer noch durch Erdbeben beschädigt worden.

In einem sagenhaften "13. Jahrhundert"
wurde dieses gotische Bürgerhaus in Basel
gemäß den Kunsthistorikern erbaut!

Für wie dumm halten uns diese angeblichen Fachleute?


Ebenfalls wird das Eckhaus Greifengasse 4/Rheingasse gezeigt. In diesem Bau stecke noch Substanz aus der Zeit "vor 1356".

Wenn man weiß, daß die Bausubstanz unserer mittelalterlichen Altstädte auch in ihren ältesten Teilen nicht hinter die Mitte des 18. Jahrhunderts hinabreicht, so sind solche Aussagen über uraltes Gemäuer einfach nicht zu fassen.

Aber endgültig verläßt der Autor jede seriöse Absicht, indem er Bodenfunde skrupellos mit dem Datum 1356 verbindet.

Der beinahe schon berühmte Topfhelm aus der Burgruine Madeln bei Pratteln, 1940 ausgegraben, stammt demnach "aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts" und ist durch das Erdbeben verschüttet und damit der Nachwelt erhalten geblieben.

In einem neuen Werk über die Kreuzzüge wird der gleiche Topfhelm von Madeln ins "13. Jahrhundert" datiert und stützt dort die Fiktion von Kreuzzügen in jener sagenhaften Zeit.

Dann wird ein bronzenes Weinmaß der Zunft zu Weinleuten in Basel abgebildet (148). - Das Gefäß stammt sicher aus dem 18. Jahrhundert. - Aber eine Inschrift an dem Behälter ist mit "1356" datiert und soll noch während des Nachbebens gegossen worden sein!

Nicht nur Papier und Pergament, auch Stein und Metall nehmen alles an!

Dem Faß den Boden aus schlägt die Datierung eines anderen Bodenfundes:

Auf Seite 83 ist eine Zinnkanne abgebildet, die um 1880 auf der Burgstelle Alt Homberg bei Wittnau AG gefunden wurde (vergleiche die Abbildung).

Diese Rokoko-Zinnkanne soll "vor 1356"
hergestellt worden sein!

Rokoko in grauer Vorzeit?

Die Zinnkanne ist ein typisches Erzeugnis des Rokoko, etwa ans Ende des 18. Jahrhunderts zu setzen.

Aber der Autor behauptet, die Kanne stamme "aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts" und sei eine Schöpfung aus der Zeit vor dem Erdbeben von "1356"!

Spätestens hier legt man das Buch von W. Meyer empört beiseite.

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