Mario Arndt: Das wohlstrukturierte Mittelalter (2012)

Besprechung eines wichtigen Werks der Geschichts- und Chronologiekritik

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Allgemeines

Gute und anregende Bücher, welche das komplexe Thema der Geschichts- und Chronologiekritik ganz oder teilweise behandeln, sind auch heute noch rar. Neben den älteren Werken von Robert Baldauf, Wilhelm Kammeier, sind heute vor allem A. Fomenko und Christoph Pfister zu nennen.

Um so erfreulicher nimmt man das neue, ungefähr 150 Seiten starke kleine Werk von Mario Arndt Das wohlstrukturierte Mittelalter auf.

Das in viele Kapitel und mit einem guten Literaturverzeichnis versehene Buch enthält eine Menge Angaben zur älteren - der erfundenen Geschichte: Daten, Ereignisse, Herrscherlisten, Kalendersysteme, Parallelitäten.

Für den Kenner der Materie ist der Titel glücklich gewählt: Die alte Geschichte, das Altertum und das Mittelalter, auch noch Teile der sogenannten Neuzeit, enthalten bekanntlich eine Fülle von inhaltlichen und numerologischen Parallelitäten. Die Inhalte stellen religiös gefärbte Sinngeschichten dar, die Jahrzahlen dementsprechend religiöse Sinnzahlen. - Die alte Geschichte bis weit ins 18. Jahrhundert ist eine Konstruktion. Die Bibel und der Trojanische Krieg bilden die Matrix dieser Geschichten.

Fomenko und Pfister haben die Übereinstimmung aller wesentlichen Inhalte und Herrscher in den verschiedenen Textbüchern festgestellt. Das gleiche Ereignis oder derselbe Herrscher können also in der Bibel, in der Antike und im Mittelalter vorkommen.

Arndt hat einen weiteren Aspekt dieser Parallelitäten aufgegriffen: Nicht nur sind die Eigenschaften (Regierungsdauer, Charakter, Ereignisse, Verwandtschaft, usw.) der Herrscher parallel zu solchen aus anderen Epochen zu setzen. Innerhalb einer Herrscherfolge folgen auch die Namen der Könige und Kaiser selbst einem wohlstrukturierten Schema.

Dem Rezensenten ist schon vor langer Zeit aufgefallen, daß bei den deutschen Herrschern des Hochmittelalters (919 - 1254 AD) vier Mal der Name Konrad vorkommt: Jeweils ein Konrad steht am Anfang und am Schluß und zwei in der Folge selbst. - Und der chronologische Abstand zwischen den einzelnen Konrads beträgt etwa hundert Jahre. 

Arndt nun hat diesen Aspekt bei allen wichtigen europäischen Herrscherdynastien des Mittelalters untersucht: Frankreich, Deutschland, Spanien, England, Nord- und Osteuropa, Byzanz. - Überall zeigt sich ein ähnliches Phänomen.

Wie schon Fomenko widmet sich Arndt auch dem Phänomen der numerologischen Parallelen und parallelen Epochenlängen.

Also sind etwa wesentliche Ereignisse der Zeit von Justinian dem Grossen und Karl V. inhaltlich und numerologisch identisch. So erobern die Byzantiner 535 Tunis. Karl V. führt 1535, also genau 1000 Jahre später eine ähnliche Strafexpedition gegen Tunis aus.

Beispiele konstruierter Herrscherfolgen

Die byzantinische Kaiserfolge beginnt bekanntlich mit Konstantin I. 330 AD und endet 1453 mit Konstantin XI. - Doch die über 1100 Jahre lange Herrscherfolge wird durch acht weitere Konstantine strukturiert.

Die deutsche Kaiserfolge des Hochmittelalters beginnt und endet wie oben gesagt mit einem Konrad. Und genau in der numerologischen Mitte jener Herrscher mit Namen Konrad, Otto, Heinrich und Friedrich steht ein Kaiser namens Lothar von Sachsen oder von Supplinburg (vgl. die unten stehende Tabelle).


Die deutschen Herrscher des Hochmittelalters von 911 - 1313



Ludwig IV., das Kind (letzter deutscher Karolinger)


Konrad I.

Heinrich I.

Otto I.

Otto II.

Otto. III.

Heinrich II.


 Konrad II.

Heinrich III.

Heinrich IV.

Konrad (III.)

Rudolf von Rheinfelden

Hermann von Salm

Heinrich V.


Lothar III. von Sachsen oder von Supplinburg


Konrad III.

Heinrich (VI.)

Friedrich I.

Heinrich VI.

Philipp von Schwaben

Otto IV.

Friedrich II.

Heinrich (VII.)


Konrad IV.

Heinrich von Raspe

Wilhelm von Holland

Richard von Cornwall

Alfons von Kastilien

Rudolf I. von Habsburg

Adolf von Nassau

Albrecht I.

Heinrich VII.


Ludwig IV., der Bayer


Anmerkung des Rezensenten:

Zwischen Konrad IV. und Heinrich VII. ist unbedingt noch die Figur des Kinder-Herrschers Konradin von Hohenstaufen(1266 - 1268) einzufügen. Also hat auch Heinrich VII. einen Vorgänger namens Konrad.



Die französische Königsfolge zwischen 929 und 1322 stellt eine Abfolge der zwei Namen Philipp und Ludwig dar. - Einmal kommen auf zwei Philipps danach auch zwei Ludwigs.

Die Namensparallelen können auch epochen- und nationsübergreifend sein:

1314 AD stirbt der französische König Philipp der Schöne. - Im gleichen Jahr wird in Deutschland Friedrich der Schöne zum König erkoren. - Zu schön, um wahr zu sein, ruft der Geschichtskritiker aus!

Solche kunstvoll arrangierten Herrscherfolgen können nicht real sein. Sie beweisen, daß die alte Geschichte vor einer bestimmten Zeitschwelle eine literarische Fiktion darstellt.

Weitere Dinge

Arndt postuliert im Gefolge von Illig eine Zeitlücke von 700 Jahren zwischen der Spätantike und dem Jahr 1000. - Darüber möchte sich der Rezensent nicht äußern.

Auch läßt der Autor von Das wohlstrukturierte Mittelalter die Frage offen, welche Ereignisse und Herrscher real und welche fiktiv sind. - Ebenfalls fehlt eine klare Aussage zur Frage, wenn die antike und mittelalterliche Kultur nach einer chronologischen Evidenz einsetzt und wann die inhaltlich und chronologisch glaubwürdige Geschichte beginnt.

Doch die letzten Fragen hätten ohnehin den Rahmen des kleinen Buches gesprengt.

Summa verdient das Werk von Arndt Aufmerksamkeit und Verbreitung.


3.2012