Die Riedburg am Schwarzwasser
(Gemeinde Köniz, Kanton Bern)

Die interessante Baugeschichte einer Ruine im Bernbiet

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Die Riedburg wird auch behandelt in dem Buch des Autors:

Burgen rund um Bern (2022)

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Über Berner Burgen vgl. auch das Buch:

Die Ursprünge Berns (2022)

Eine historische Heimatkunde Berns und des Bernbiets.
Mit besonderer Berücksichtigung der Burgen
und mit einem autobiographischen Anhang.

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Vorbemerkung:

Auf der Riedburg fanden 2019 neue Ausgrabungen statt.
Diese stehen in Zusammenhang mit einer geplanten Restaurierung der Reste.

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Plan der Riedburg am Schwarzwasser bei Köniz

Äquidistanz der Höhenkurven: 1 m

Plan: Autor

Die Mauerreste sind nach dem Plan von 1960 eingetragen.

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Der Graben der Riedburg. Ansicht von Osten.

Foto: Autor, 20.5.2016

Der halbkreisförmig eingetiefte Halsgraben ist gut erhalten.

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Der Bergfried der Riedburg. Ansicht von NW.

Foto: Autor, 20.5.2016

Aus dieser Perspektive ist der Grundriß des Turms sehr schön erkenntlich.

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Der Bergfried der Riedburg. Ansicht von SE.

Foto: Autor, 20.5.2016

Das Geviert des Turm ist klar sichtbar.
Das amorphe Aussehen des Mauerwerks hat seine Ursache darin,
daß die äußeren Verblendsteine herausgerissen wurden.

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Erhaltenes Stück der Umfassungsmauer gegen SW

Foto: Autor, 20.5.2016

Es ist dies eine der beiden kurzen Partien der Umfassungsmauern,
bei denen noch die Verblendsteine erhalten sind.

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Die Riedburg im LIDAR-Bild

Die Burgruine Riedburg liegt am Nordhang der Schwarzwasserschlucht, kurz vor ihrer Einmündung in die Schlucht der Sense. Weiter nördlich, gegen Mittelhäusern, gibt es den Weiler Riedburg mit einem Landschlößchen des späten 18. Jahrhunderts - dem ehemaligen Stettlerschen Landgut.

Blick von der Schwarzwasserbrücke auf das Landgut Riedburg

Die Burgruine Riedburg befindet sich rechts im Bild in der Mitte des Waldes, der steil zur Schwarzwasserschlucht abfällt.

Oben erkennt man den Weiler Riedburg mit dem Landschloss.

Aufnahme: Autor, 24.5.2005

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Die Burgstelle liegt an strategisch beherrschender Stelle, gleich nördlich der alten Brücke über das Schwarzwasser, und in einer Kehre der alten Strasse, die zur Schlucht hinaus führt.

Die heutigen beiden Brücken über die Schwarzwasserschlucht für Bahn und Strasse sind elegante Bogenkonstruktionen.

Die Schlucht rund um die Schwarzwasserbrücken ist heute im Sommer ein beliebtes Ausflugs- und Erholungsgebiet. - Die Ruine selbst wird von diesem Rummel kaum betroffen. - Nur bei den Pfadfindern ist der Name Riedburg ein Begriff.

Politisch gehört die Riedburg zu der Großgemeinde Köniz, die hier am Schwarzwasser die Grenze mit der ebenfalls großen Gemeinde Wahlern bildet, deren zentraler Ort Schwarzenburg ist.

Beschreibung der Burgruine

Die Burg nutzt einen natürlichen Sporn im nördlichen Steilhang der Schwarzwasserschlucht aus. Vom Steilhang ist dieser Vorsprung durch einen etwa 15 m tiefen halbkreisförmigen Abschnittsgraben getrennt.

Der Burgplatz bildet ein längliches Rechteck, mit einer Erhebung gegen den Graben hin.

In diesen Platz wurde die Steinburg hineingebaut. Diese besteht aus einem länglichen Rechteck, mit Wohngebäuden gegen Süden und einem Turm im Norden gegen den Graben hin.

Die Ausgrabungen von Hans Ott von 1959/60 ermöglichte eine genaue Rekonstruktion des Grundrisses (siehe den untenstehenden Plan).

Plan der Ruine Riedburg nach den Ausgrabungsbefunden von 1959/60

aus: Hans Ott: Ausgrabungen auf der Ruine Riedburg. In: Jahrbuch des Bernischen Historischen Museums, XXXXIX. und XL. Jahrgang, 1959 und 1960, Seite 116

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Der deutlich abgesetzte Bergfried stand an höchster Stelle und hatte eine Seitenlänge von 10 m bei einer Mauerdicke von 2 m. Das Mauerwerk bestand aus Fluß- und Feldsteinen mit einer heute fehlenden Verkleidung aus bossierten und länglichen Sandsteinquadern.

Von den Wohn- und Wirtschaftsgebäuden war der Turm durch einen Hof getrennt.

Vom Palas sind heute noch als Erdwälle die hofseitige Mauer und eine Trennwand erkennbar, welche das Gebäude in zwei Räume unterteilte.

Nicht mehr erkennbar ist ein kleines, bei der Ausgrabung festgestelltes Gebäude in der Südostecke des Hofes, das vielleicht als Küche diente.

Der östliche, etwas kleinere Raum des Palas besaß einen Kachelofen, von dem etliche figürliche Fragmente gefunden wurden (vergleiche die Abbildung).

Zwei Ofenplastiken. Funde aus dem südwestlichen Teil der Riedburg

aus: Hans Ott, Seite 124

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Die Außenmauer der Burg war vom Typus her eine Mantel- oder Futtermauer. Wie beim Turm bestand die Außenverkleidung aus sorgfältig behauenen Sandsteinblöcken, die aber im Unterschied zum Turm nicht bossiert waren. Von dieser Mauer sind im Nordosten und auf der südwestlichen Schmalseite noch bis zu 5 m hohe Reste erhalten.

An der Ostmauer fällt gleich neben der Hofmauer des Palas eine ehemalige Öffnung auf. Diese bildete vielleicht das Tor. - Die Ausgräber suchen dieses zwar eher auf der Westseite, gleich neben dem Bergfried.

Die Baugeschichte der Burg

Auf Grund der Befunde kann man eine dreiteilige Entstehungsgeschichte der Burg annehmen.

Der Platz war zuerst eine Erdburg.

Später wurde in dieses Erdwerk eine Steinburg hineingebaut.

Der steinerne Wehrbau selbst bestand ursprünglich nur aus dem Turm. - Noch heute fällt der Unterschied zwischen dem Bergfried und der übrigen Burg deutlich auf. - Auch die Ausgräber halten den Turm für älter.

Auffällig ist schon die andere Orientierung des Turms. Während die Burg eine Orientierung von etwa 20° NE hat, so das Turmquadrat eine solche von 40° NE.

Und der Bergfried bestand ursprünglich aus Fluß- oder Feldsteinen und wurde nachträglich durch eine Sandsteinmauer ummantelt.

Die rechteckige Außenmauer der Burg und die Wohngebäude scheinen in einem Zug erbaut worden sein.

Eine Burganlage der Gotik

Zeichnerische Ansicht der Buckelquader der Mauerverkleidung des Turms der Riedburg

aus: Hans Ott, Seite 118

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Die Außenmauer der Riedburg mit ihren Sandsteinquadern macht einen jungen Eindruck.

Man ist erstaunt, Wehrmauern aus Molasse zu sehen. - Dieses Baumaterial wurden in "römischen" oder "mittelalterlichen" Zeiten nicht für Befestigungen verwendet. Erst die Gotik brauchte den Sandstein: Die gesteigerte Bautätigkeit ließ keine andere Wahl zu.

Und erst die Gotik oder die Renaissance kannte die Bossierung der Quader. - Der Zweck war die Ablenkung der Geschosse - Pfeile der Armbrust und Geschützkugeln. - Die Gotik ist die Zeit der beginnenden Feuerwaffen.

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Detail der Außenmauer gegen SW der Ruine Riedburg

Foto: Autor, 24.5.2005

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Die Burganlage ist wohl nach der Mitte des 18. Jahrhunderts verlassen und zur Gewinnung von Baumaterial abgetragen worden. - Auch bei den heute sichtbaren Resten wurden fast überall die Verblendsteine herausgerissen. Die Ruine bietet deshalb heute einen wirren Anblick. Ohne Ausgrabungen wäre die ursprüngliche Gestalt nicht klar zu erschließen gewesen.

Der Turm der Riedburg hat eine strukturelle Verwandtschaft mit dem gut erhaltenen Bergfried der Ruine Ober Maggenberg, am linken Ufer der Sense in der Gemeinde Alterswil (Kanton Freiburg).

Ebenfalls besteht eine Ähnlichkeit des bossierten Mauerwerks der Riedburg mit der Burgruine Neu Bubenberg bei Schliern, Gemeinde Köniz. - Die beiden Anlagen müssen ungefähr zeitgleich sein.

Die Entstehungsgeschichte der Burg muß nach den Befunden erschlossen werden. Es gibt keinerlei glaubwürdige Aufzeichnungen über diesen Wehrbau. Die gesamte Baugeschichte fällt in die völlige Geschichtsnacht. - Die pseudogeschichtlichen Mitteilungen, welche die Literatur über die Riedburg wiedergibt, sind inhaltlich wie chronologisch absurd.

Bei der Riedburg haben wir ein schönes Beispiel dafür, wie die kritische Betrachtung der baulichen Überreste zu anderen zeitlichen Ansätzen führt. - Und es wird klar, daß die Geschichte des Burgenbaus mitnichten in ein legendäres "Mittelalter" gehört, sondern in die Neuzeit. Der steinerne Burgenbau gehört in die Zeit vor weniger als dreihundert Jahren.

Der Graben der Riedburg

Ansicht gegen Osten

Quelle: Internet

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Plan der Riedburg, vom Autor gezeichnet 1959

Die Planzeichnung des Autors von 1950 ist erstaunlich exakt, wenn man sie mit der untenstehenden Aufnahme vergleicht. - Gleichzeitig beweist das Dokument des Verfassers frühes Interesse für die Burgen unserer Heimat.

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Mai 2005 ff.