Die getürkte Entdeckung des Grabes von Herodes

Das Herodion (Herodium) bei Bethlehem (Palästina): Ein interessanter Bau wird für Sensationsmache mißbraucht.

von Christoph Pfister

Das Herodion (Herodium)

Luftaufnahme von Südwesten.

aus: Ehud Netzer: Die Paläste der Hasmonäer und Herodes’ des Grossen. Worms 2001, S. 91


Aktuelle Ergänzung

(Mitte Dezember 2007)

Eben kommt die Meldung, neben dem Grab hätte man im Herodion auch den Sarkophag des Herodes entdeckt.

Der glückliche Entdecker ist natürlich der gleiche Ehud Netzer, der dort schon so viele sensationelle Entdeckungen gemacht hat.

Der Zeitpunkt ist gut gewählt: Kurz vor Weihnachten bekommt die ganze Welt die Frohbotschaft zu hören:

Und die Bibel hat doch recht: Den Unhold Herodes - den bethlehemitischen Kindermörder - hat es tatsächlich gegeben!

Kyrie Eleison!


Vergleiche in diesem Artikel auch die Bemerkungen von Herwig Brätz (Rostock) und eigene Bemerkungen über die Figur von Herodes dem Grossen.


Eine getürkte Entdeckung in einem alten Bau

Anfangs Mai machte eine Sensationsmeldung den Gang durch die Weltpresse: Im Herodion (Herodium), zwölf Kilometer südlich von Jerusalem, habe der Forscher Ehud Netzer den Sarkophag von König Herodes dem Grossen gefunden.

Was ist davon zu halten?

Das Herodion oder Herodium ist tatsächlich ein sehr interessanter, aber auch rätselhafter Bau. Wir wissen nicht, wer ihn wann errichtet hat.

Die Zuschreibung an die literarische Gestalt von „Herodes dem Grossen“ ist selbstverständlich fiktiv. Sie beruht auf Flavius Josephus und ist durch ihn in das Evangelium eingegangen.

Und die Datierung von Herodes („70 bis 4 vor Christus“) ist absurd. Sie wurde erst durch die Scaliger-Chronologie im 18. Jahrhundert ermöglicht.

Vielleicht ist das Herodium vor etwa gut dreihundert Jahren gebaut worden.

Seit Jahren befaßt sich auch ein Forscher aus Jerusalem, Ehud Netzer, mit dem Bau. Er hat über das Herodion auch das oben zitierte, sehr instruktive bebilderte Werk verfaßt.

Aber wie bei vielen Leuten, die sich allzu intensiv und zu lange mit der gleichen Materie befassen, so kennen sie in ihrem Erkenntnisdrang keine Grenzen mehr.

Diesen Ehud Netzer störte es offenbar, daß das Herodion der Sagengestalt von Herodes dem Grossen nur zugeschrieben wird.

Also suchte er einen eindeutigen Beweis. Diesen trompetete er im Mai 2007 in alle Welt hinaus:

Ich (E.N.) habe den Sarkophag jenes umstrittenen Königs gefunden, und zwar im Herodium selber!

Einen Sarkophag hat der Forscher allerdings gefunden – oder hingestellt. Die angebliche Grablege war allerdings leer und ohne Inschriften. But who cares?

Unwissende Journalisten aus der ganzen Welt verzapften sogleich einem gläubigen oder unwissenden Publikum die Story von dem sensationellen Fund.

Aber der Sarkophag ist sicher getürkt – eigens für die Entdeckung geschaffen oder aus einem anderen Funddepot herangeschafft.

Einen Herodes den Grossen hat es nicht gegeben. – Also braucht man auch keinen Sarg zu finden!

Das Herodion: Grundriß

nach: MacDonald, William L./Pinto, John A.: Hadrian’s Villa and its legacy; New Haven London 1996, 87


Der Rätselbau des Herodion

In meinem Werk Die Matrix der alten Geschichte. Analyse einer religiösen Geschichtserfindung (2006) habe ich mich in dem Kapitel Christliche, orientalische und salomonische Architektur mit dem Herodion befaßt.

Als Fazit ergibt sich: Der Bau hat starke Anklänge an die westeuropäische Architektur der Kreuzfahrerzeit – vielleicht gegen Ende des 17. Jahrhunderts.

Hier der Auszug aus dem Buch (S. 207 ff.):

Auch ein rätselhaftes Bauwerk in Palästina läßt sich damit deuten.

Etwa zwölf Kilometer südlich von Jerusalem und fünf Kilometer südöstlich von Bethlehem liegt das Herodion oder Herodium. Es ist dies ein merkwürdiger, kreisrunder Bau von etwa siebzig Metern Durchmesser auf einem über sechzig Meter hohen, künstlich aufgeschütteten Hügel.

Das Herodium sieht von allen Seiten und aus der Vogelschau wie ein Vulkan aus (Abbildung 23). – Und dieser Vergleich war sicher von den Erbauern beabsichtigt.

Die Palast-Burg des Herodiums hatte einen kreisförmigen Grundriß mit drei halbrunden Türmen und einem Rundturm.

Das mehrstöckige Gebäude, das man über eine Freitreppe erreichte, war ganz auf den Innenausbau bezogen, mit vielfältigen Unterteilungen, die sich um einen von Säulen eingefaßten zentralen Hof gruppierten.

Am Fuße dieses künstlichen Berges gab es einen weiteren palastartigen Baukomplex, ferner einen Rundkurs für Pferde- und Wagenrennen.

Am Fuße des Herodiums wurden also olympische oder trojanische Spiele und Wettkämpfe abgehalten.

Erbaut wurde das Herodion, wie der Name sagt, von einem König Herodes „zur Zeit von Christi Geburt“.

Der jüdisch-christliche Schriftsteller Flavius Josephus beschreibt den Bau und gab ihm den Namen.

Doch in einer geschichtsanalytischen Betrachtung brauchen wir andere Kriterien für die zeitliche Einordnung des Monuments.

Das Herodion wirkt östlich, was die Erbauer sicher beabsichtigt haben.

Aber betrachtet man den Grundriß mit seinen Halbkreistürmen und dem größeren Rundturm, so erkennt man die Ähnlichkeit mit der Festungsarchitektur der Kreuzfahrer – und mit dem Donjon von Coucy.

In Palästina, im Umkreis von Jerusalem haben die Altchristen eine vollständige religiöse Namenlandschaft eingerichtet.

Das Herodion ist eindeutig als künstlicher Vesuv, als vesuvianische Festung angelegt worden. Den Eindruck macht der gewaltige Kegel noch heute.

Man staunt über die Totalbestimmtheit der ganzen Mittelmeerwelt durch den Vesuv zu einer gewissen Zeit. Diese führte nicht nur zur vesuvianischen Prägung der geographischen Namen. Man ging im Extrem sogar dazu über, künstliche Vulkankegel aufzuschütten, wie hier bei Bethlehem in Palästina.

Das Herodium kann erst im späten 17. Jahrhundert entstanden sein. Das Bauwerk setzt die altchristliche Vesuv-Religion und die christliche Troja-Legende voraus.

Und der Vergleich zwischen der Hadriansvilla in Tivoli und dem Herodion ist mehr als frappant. – Deshalb stellen sich die Autoren MacDonald/Pinto in ihrem Werk die Frage: Kannte Hadrian das Herodion? (MacDonald/Pinto, 87).

Doch „Hadrian“ ist eine Salomo-Figur, wie wir sehen werden.

Und ob Rundbau, Hexagon oder Oktogon: Diese Grundrißformen sind im Abendland wie im Morgenland vertreten und haben einen starken inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang.

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Herwig Brätz (Rostock) über die Herodes-Figur

Die Figur des Herodes ist als Stiertöter auszumachen. Johannes der Täufer ist am Himmel nämlich der Stier. Er steht im Jordan = Eridanus, wird als Jona von einem Walfisch ausgespuckt und tauft den Orion = Jesus.

Die Geschichte mit dem Kindermord scheint auf dem Wortspiel bar (=Sohn) und par (=Jungstier) zu beruhen, ist also eine Doublette zur Köpfung von Johannes.

Insofern gleicht Herodes Abraham, der ebenfalls einen Stier (den "Sohn" Isaak) töten wollte, aber von der Jungfrau Andromeda daran gehindert wird.

Herodes gleicht auch Theseus, der den Minotaurus abmurkst, um die Jungfrau Ariadne zu befreien. - Und er gleicht natürlich Mithras. - Danach wäre er Perseus.

Eigene Bemerkungen über die Gestalt des Herodes

Herodes mit seiner Grausamkeit hat eine große Ähnlichkeit mit dem römischen Kaiser Nero. Schon die Namen NERONEM = HERODEM sind sich ähnlich. Nero ist der Schwarze. Auch Herodes ist ein dunkler Herrscher.

So wie Herodes den Johannes den Täufer köpfen läßt, so Nero den Apostel Paulus.

Interessant ist dabei, daß die beiden Glaubenshelden von ihren Herrschern zuerst nur eingesperrt werden. Die Enthauptung geschieht grundsätzlich gegen den Willen des Königs - auf Einflüsterung einer Frau.

Hier trifft sich die Sage mit den Parallelgeschichten bei Caesar und bei David:

David ist untröstlich, als ihm die Knechte das Haupt von Saul bringen und er läßt sie deshalb töten.

Caesar wendet sich betrübt ab, als ihm Soldaten das Haupt seines Widersachers Pompejus dem Grossen bringen.

Und beide Herrscher, Herodes und Nero, waren mehrfach verheiratet und hatten mit Aufständen und Intrigen zu kämpfen.

Beide Herrscher waren Feinde der Religion: Nero ließ die Christen verfolgen, Herodes die Juden.

In der Herodes-Gestalt kommen viele Bedeutungsstränge zusammen. 


(17.5.2007, 12.08)